INTRODUCTION
THREE ist nach One (2008) und Two
(2009) das dritte Musiktheater von UMS 'n JIP,
das mit etwa 70 Konzerten jährlich zu den
weltweit aktivsten Ensembles für Neue Musik
zählt. Ihr neuestes Opus "Three" ist ein
ironisches Plädoyer für eine europäische Lingua
Franca auf der Basis von Esperanto - als Mittel
für einen ökonomischen Quantensprung Europas:
eine statt 27europäische Amtssprachen. Für UMS
'n JIP heisst dies: Aus Esperanto mach Europeo -
Politisch neutral, keine Konkurrenz für
Nationalsprachen und für Europäer überaus
einfach zu lernen. Zwischen zarten
Schattenspielen und ferngesteuerten
Spielzeugautos folgt man einem uniformierten
Paar durch politische Diskurse und einem
Esperanto-Crashkurs, bevor ein Kurzschluss der
musikalischen Pandorabüchse ein Ende setzt.
Kompositorisch bewegt sich die Kammeroper
zwischen Euro-Cheap-Techno und den Techniken der
zeitgenössischen klassischen Musik, besetzt ist
es mit Stimme, Blockflöten und Elektronik.
Minimal ist die Bühne von Simon Wunderlich, die
mit 3 Stellwänden und vier Scheinwerfern
auskommt und die in der Inszenie-rung von
Wolfgang Beuschel einen zauberhaften Kosmos
aufspannt.
Esperanto bringt man mit Effizienz, Demokratie,
Gleichberechtigung und interkulturellen
Brückenschlägen in Verbindung. Wenn in THREE
ein wie blind irrendes ferngesteuertes
Spielzeugauto, mit dem überraschenden Abflug
seines darauf montierten Helikopters eine "neue"
Dimension eröffnet, weiss man: grün ist
nicht nur die Farbe der Hoffnung und des
Wachstums, grün ist auch die Farbe einer
visionären Perspektive: Esperanto.
Allegorienreich verwenden UMS 'n JIP
Zwölftonreihen als Sinnbild für eine
Durchdemokratisierung der Tonverhältnisse;
pentatonische Drei-Ton-Motive als skalenneutrale
Melodiebausteine; mikrotonale Schwebungen, die
einem hochaufgelösten Bild gleich die
klanglichen Zwischenbereiche gängiger
Intervallsysteme ausloten und letztere aus den
Angeln heben. Ebenfalls söhnen sie die Grenzen
zwischen U- und E-Musik aus, indem sie
klassische Kompositionstechniken mit
popkulturellen Mitteln vermischen bzw. billige
Technoriffs ungewohnt detailliert ausarbeiten.
Ihre Bühne ist zum Publikum hin offen und
sprechenderweise auf derselben Ebene wie dieses.
Die mit 4 Baustrahlern und einem Dutzend
Farbfiltern spartanische Bühnenbeleuchtung ist
beispiellos effizient in der Ausschöpfung
ihrer Möglichkeiten: die Do-it-yourself Ästhetik
ist gleichzeitig Programm.
Dennoch - THREE ist auch ein ironisches Stück
gespickt mit Zweifeln: Zweifel angesichts
grosser Worte neben kleinen Taten, angesichts
grosser Ideen, die aufgrund kleinlicher Politik
oder wirtschaftlicher Interessen unausgeschöpft
liegen bleiben. Zweifel aber auch vor dem
Irrwitz einer Weltenlösung. Vor diesem
Hintergrund erfahren die verspielten
Schattenspiele in THREE eine ambivalente
Dimension: Europeo ist bis dato ausser einem
Schatten noch und/oder zum Glück keine Realität.
"Damit Europa sich versteht!": UMS 'n JIP lösen
mit ihrer Kammeroper THREE einmal mehr ihren
einzigartigen Mix von Ironie und bitterem Ernst
ein.
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